Heute gibt es mal keine lustigen Geschichten aus dem bewegten Leben von Bensing & Reith: Heute werde ich mal politisch, nachdenklich und vor allem kritisch. Corona, Lockdown, Angst, Wirtschaftsflaute, Krawalle: Solche Zeiten haben die meisten von uns noch nicht erlebt. Und wir müssen befürchten, dass es in den nächsten Wochen und Monaten nicht viel besser wird. Gerade jetzt brauchen wir deshalb informativen, kritischen und meinungsstarken Journalismus. Pressefreiheit ist ein wichtiges Gut. Aber auch für Journalisten gilt: Etikette wahren und Grenzen nicht überschreiten. Der taz-Kolumnistin Hengameh Yaghoobifarah ist beides nicht gelungen. Das ärgert mich.
Von Steffen Reith
In ihrer Kolumne „All cops are berufsunfähig“ sinniert sie darüber, was aus den 250.000 Polizisten wird, wenn man die Polizei komplett abschaffen würde. Sie bietet einige Lösungen an, kommt aber zu dem Schluss, dass es für „Ex-Cops“ dann nur eine geeignete Option gibt: die Mülldeponie. Sie schreibt: „Nicht als Müllmenschen mit Schlüsseln zu Häusern, sondern auf der Halde, wo sie wirklich nur von Abfall umgeben sind. Unter ihresgleichen fühlen sie sich bestimmt auch selber am wohlsten.“
Das kann man gar nicht glauben, dass in einer überregionalen deutschen Tageszeitung solch diskriminierende Sätze zu lesen sind. Polizisten gehören ebenso wenig auf die Müllhalde wie Ärzte, Lehrer, Geschäftsführer oder sonst wer. Da gehört niemand hin.
In den oben erwähnten schwierigen Zeiten eine wichtige Berufsgruppe derart an den Pranger zu stellen, ist höchst gefährlich. Wir haben ja in Stuttgart gesehen, wie aggressiv die Krawallmacher gegen die Polizisten vorgegangen sind. Dann noch solche Hetze einer Journalistin: Das heizt die ohnehin aggressive Stimmung gegen Polizisten weiter an. Übrigens: Ich hätte es auch verurteilt, wenn jemand geschrieben hätte, dass junge Straftäter ihren richtigen Platz auf dem Müll finden.
Überdies: Der Text ist sicherlich nicht in den Druck gegangen, bevor ihn irgendjemand aus der Redaktion gegengelesen hat. Meistens übernehmen dies Redaktionsleiter beziehungsweise Chefredakteure. Das bedeutet: Die Verantwortung für diesen Müll-Text (im wahrsten Sinne des Wortes) trägt nicht die Autorin alleine.
Dass Innenminister Seehofer Frau Yaghoobifarah nun anzeigen wollte, war freilich auch Käse. Dass er damit nicht durchkommt, hätte er wissen müssen. Irgendwie auch ein bisschen peinlich. Das Einschalten des Presserats ist die bessere Alternative.
Zurück zum kritischen und meinungsstarken Journalismus: Man kann es mit Kommentaren und Kolumnen nicht jedem recht machen. Ich kann dir, liebe ständig wachsende Fangemeinde, zahlreiche Episoden aus meinem Berufsleben erzählen, in denen ich Leserinnen und Lesern auf die Füße getreten bin. An manchen Sportplätzen wollte man mich nicht mehr rein lassen, einmal wurde ich gar übers halbe Feld gejagt. „Arschlöcher“ fielen ab und zu, Beschwerde-Anrufe bei meinen Chefs gab es nicht selten, Nichtbeachtung noch öfter. Das gehört dazu, wenn man die Möglichkeit hat, seine Meinung zu publizieren.
Es scheint aber ein neuer Trend zu sein, dass Journalisten auf Teufel komm raus polarisieren, um Reaktionen hervorzurufen. Kann man machen. Ist ja auch okay. Trotzdem sollte man niemanden beleidigen und schon gar keinen auf die Müllhalde wünschen. Das geht gar nicht! Schon gar nicht in diesen Zeiten.
[…] meine ich einerseits die der Leser von Steffens Kommentar aus der vergangenen Woche. In seinem Text „Das geht gar nicht!“ ärgerte er sich darüber, dass die taz-Schreiberin Hengameh Yaghoobifarah in ihrer – […]