Liebe ständig wachsende Fangemeinde, es hat auch uns erwischt. Die pandemische Lage ist erschreckend, und auch das engste Umfeld von Bensing & Reith wurde nicht verschont. Mein Freund, den wir aus datenschutzrechtlichen Gründen Jonathan W. nennen, hatte sich infiziert. Und falls du noch nie einen Einblick in das Leben eines Pärchens in völliger Isolation bekommen hast, dann vergnüge ich dich jetzt mit diesem. Bitteschön.
Von Paula Mainusch
Wenn ich Jonis Quarantäne mit einem Wort beschreiben würde, dann wäre es: eigenartig. Zu oft hatte ich den Moment, in dem ich grübelte: Hättest du das jemals gedacht, Paula? Und zu oft haben Joni und ich uns gefragt: Was machen wir hier eigentlich?
Du möchtest konkrete Beispiele? Du bekommst konkrete Beispiele! Klar ist, dass wir, von dem Moment des positiven PCR-Tests an, getrennt geschlafen haben. Er im Gästezimmer, ich im Schlafzimmer. Direkt gegenüber. Ganz nah und doch so fern. Oder wie ich morgendlich mit Adeles Stimmlage zu Joni gesungen habe: „Hello from the other side!“ Schritt Nummer eins war also der Umzug. Zu meinem Bedauern nahm Joni den Fernseher aus dem Schlafzimmer mit auf die andere Seite – die dunkle, mit Coronaviren infizierte Seite.
„Aber was soll der arme Kerl schon 14 Tage lang in einem Zimmer eingesperrt machen?“, dachte ich. Falsch gedacht. Der Mensch wird in der Not nochmal so richtig kreativ. Da hat Joni doch tatsächlich seine Freunde über Facetime angerufen und mit ihnen online Dart gespielt. Wie das funktioniert? Jeder hat sich vor seine eigene Dartscheibe gestellt und die Pfeile reingefeuert. Und anschließend wurden die Punkte gezählt. Ich sag doch: eigenartig.
Ach ja: Eigenartig war auch, dass fast alle von Jonis Freunden positiv waren, ich aber nicht. Ob das jetzt was über unsere Beziehung aussagt, kannst du dir selbst beantworten.
Schritt Nummer zwei war es, sich um die Versorgung des Infizierten zu kümmern. Gut, dass er so eine gute Köchin daheim hat. Ich habe ihm sein Wunschessen gemacht, es vor die Tür gestellt, drei Mal geklopft, und mich vom Zimmer entfernt. Mit sechs Metern Abstand haben wir uns dann kurz angeschaut und gedacht: Was machen wir hier eigentlich? Hätte mir jemand vor fünf Jahren erzählt, dass ich 14 Tage lang meinem Partner das Essen vor die Tür stelle, hätte ich wohl laut gelacht.
Sehr gelacht habe ich auch nach einer Woche der Quarantäne. Joni hatte nämlich kaum Symptome und einen negativen Schnelltest absolviert. Deshalb beschlossen wir, uns wenigstens für drei Minuten in einem Raum zu treffen. Mit FFP-2-Masken im Gesicht. Er saß am Esstisch und ich in der hintersten Ecke unseres Sofas. Das müsst ihr euch mal bildlich vorstellen. Aber soll ich dir jetzt mal was verraten, liebe ständig wachsende Fangemeinde? Und ja es wird ein wenig schnulzig. Diese drei Minuten waren so wunderbar, weil ich endlich wieder meinen Lieblingsmenschen in echt angucken konnte, statt ihn nur über ein Video im Handy zu sehen. Wie sich das schon anhört: in echt. Ich sag ja: Hätte mir jemand vor fünf Jahren gesagt, ich dürfte keinen Kontakt mit meinem Partner haben, hätte ich ihn wohl entsetzt angeschaut.
Aber ich will mich nicht beschweren. Auch ich habe die Zeit sinnvoll genutzt. Zum Beispiel habe ich es endlich mal geschafft, alle Harry-Potter-Teile durchzuschauen. Die sind gerade übrigens alle auf Netflix und sehr empfehlenswert.
Und jetzt möchte ich noch auflösen, was Joni an seinem ersten Tag in Freiheit gemacht hat: Er ist zu meinen Eltern gefahren und hat ihnen geholfen, das Sofa in die Garage zu schleppen. Und dann hat er im Fitnessstudio trainiert. Und dann ist er wieder umgezogen. Also vom Gästezimmer ins Schlafzimmer. Von der dunklen zu der guten Seite.
Es sind die alltäglichen Dinge, die man anfängt zu vermissen, sobald man sie nicht mehr hat. Er hat sich gefreut wie ein Schnitzel, wieder zur Arbeit zu fahren. Das Leben ist wieder normal – nix mehr „Hello from the other side!“