Der vergangene Sonntag war – nun ja – nicht der allerbeste Tag in der Historie von Bensing & Reith. Nico und ich, sonst die Vorbilder schlechthin an Charakterstärke, Tugendhaftigkeit und fairem Verhalten, haben sich ausnahmsweise nicht so richtig im Griff gehabt. Nico soll gehauen haben, ich habe angeblich gebrüllt und beleidigt. Die Folge: Rote Karte für Bensing, Verweis des Sportgeländes für Reith. Wenn das mal kein Thema für den neuen Blogtext ist.
Von Steffen Reith
Fußball ist für uns ja von jeher ein großes Thema. Nico kickt (noch) bei der Helvetia aus Kerzell, meinem Heimatverein. Kein Wunder also, dass das aktuelle Geschehen rund um den Club regelmäßig Thema hier bei uns im Gedankenturm ist. Oft beginnt der Tag mit den Worten „Das Wichtigste zuerst …“. Dann wird über das vergangene oder über das anstehende Spiel geschnackt, ehe wir zur Arbeit schreiten.
Ich mag ja an Nico sehr, dass er immer enorm fleißig und fair ist. Er ist quasi so wie ich. Fleiß und Fairness: Diese Tugenden sind für ihn im Berufsleben und auch auf dem Fußballplatz enorm wichtig. Mit erlaubten Mitteln kämpfen bis zum Umfallen. Das macht er immer. Manchmal reicht es zum Sieg zwar nicht. Aber so ist der Sport, so ist das Business.
Wenn dann aber einer kommt, der meint, er müsse sich mit unerlaubten Mitteln Vorteile verschaffen, dann wird es unangenehm mit Bensing – und auch mit Reith.
Und so kam es am vergangenen Sonntag, wie es kommen musste.
Der Gegner bekommt einen lapidaren Einwurf zugesprochen, Nico denkt aber, wir dürfen werfen und stellt sich vor seinen Gegenspieler. Der tut so, als hätte Nico ihn geschlagen, und lässt sich – wie vom Blitz getroffen – fallen. Die Mitspieler des vermeintlichen Opfers fordern Platzverweis für Nico. Und was macht der Schiri? Der hält Rücksprache mit seinem Linienrichter und zeigt Nico die Rote Karte. Meinem, unserem Nico? Unfassbar. Der kann keiner Fliege was zu Leide tun. Was glaubt ihr denn, wer hier im Gedankenturm die Klatsche schwingt?
Ich bin ja sonst eher der ruhige Typ, der in allen Lebenslagen besonnen reagiert. Aber dieser Platzverweis brachte mich irgendwie auf die Palme. Nachdem Kollege Bensing das Feld verlassen hatte, machte ich mich von meinem Stammplatz aus auf den Weg zum Linienrichter. Dort angekommen, riet ich dem jungen Mann, seinen Job ordentlich zu machen, weil ich ihm ansonsten mal die Ohren lang zöge. Er antwortete mir, dass ich besser ruhig sein möge. Ich wurde dann noch ein wenig lauter, sodass der Bursche an der Seitenlinie seinen Chef beiholte und ihm sagte (O-Ton): „Da ist ein Herr, der des Sportgeländes verwiesen werden möchte.“ Der Schiri erfüllte diese Bitte, und so musste ich mich vom Gelände trollen. Bensing sieht die Rote Karte, und Reith muss das Gelände verlassen. Die ganze Firma innerhalb von 90 Sekunden entsorgt. Das hat seit der Gründung anno Januar 2018 noch niemand gewagt.
Wie ein geprügelter Hund lief ich zurück auf meinen bisherigen Stehplatz, der übrigens außerhalb des Sportgeländes liegt. Einige Zuschauer feixten bereits: „Bensing und Reith vom Platz. Das gibt Schlagzeilen.“ Warum die komplette Sportjournalisten-Szene Osthessens in diesem Fall komplett im Tiefschlaf gelegen war, vermag ich nicht zu sagen. Nicht mein Job, auch eine andere Geschichte.
Dass die Helvetia ohne Nico das Spiel noch verlor, ist obendrein ärgerlich. Und mit der Zeit kamen wir beide auch zu der Erkenntnis, dass wir in diesem Fall auch nicht alles richtig gemacht haben.
Klar war ja, dass Nico eine Sperre bekommt. Bei einer Roten Karte ist das zwangsläufig. So fragte er jüngst bei einem Helvetia-Vorstand nach, ob denn sein Urteil schon da sei, um die Dauer seiner Sperre zu erfahren. „Dein Urteil ist noch nicht da. Aber das von Steffen“, lautete die überraschende Antwort. Urteil? Gegen mich? Ich hatte doch so gut wie nichts gemacht. 50 Euro soll ich zahlen. Der Schiri hatte einen Sonderbericht über mein Verhalten verfasst.
Ich frage mich jetzt ernsthaft, woher der Typ meinen Namen kannte. Ich denke mal, das ist der Preis des erlangten Ruhms. Wahrscheinlich ist der Schiri Blogleser und rühmt sich nun, Bensing & Reith vom Feld geschickt zu haben. Wenn dem tatsächlich so ist, dann haben der Unparteiische und sein Linienrichter einen guten Job in Sachen Eigen-PR gemacht.
Aber wir sind auch nicht nur Verlierer in dieser Angelegenheit. Schließlich mussten wir diese Woche nicht lange überlegen, welchem Blogthema wir uns widmen. Eine richtig gute Story: Da sind 50 Euro Investition doch gar nicht so viel. Was Nico noch nicht weiß: Die Kohle für die Geldstrafe hole ich mir vom Geschäftskonto.