Das Autoradio-Augenlicht-Desaster

bensing reith autoradio desaster
Nicos Auge hat schwer gelitten beim Autoradio-Einbau (siehe Bild).

Ich habe ein Auto. Das ist nicht unbedingt hübsch. Aber dafür ist es alt. Und vor allem: Es fährt. Darauf kommt es letztlich an. Doch es gibt noch ein weiteres Detail, das über Wohl und Wehe, über Grinsen am Morgen oder entnervte Fahrt zum Gedankenturm entscheidet: das Radio. Und genau da hat sich bei mir in den vergangenen Tagen einiges getan.

Von Nico Bensing

Ich bin durchaus ein Typ, der auf Retro und Old-school steht. Ich mag Cord, alte Perser-Teppiche und barocke Bilderrahmen viel lieber als Seide, Designerfußböden und digitale Fotoalben.

Deshalb habe ich in der Schublade noch immer meinen roten Walkman, sammle Schallplatten und fotografiere gerne mal mit meiner analogen Kamera. Natürlich bin ich kein Verweigerer moderner Technologie. Ganz im Gegenteil: Viele würden sagen, ich sei der Prototyp des Digital Native. Schließlich gehöre ich ja fast zu der Generation, die mit Computer und Facebook aufgewachsen ist. Also fast.

Und deshalb nutze ich tatsächlich auch moderne Technik. Mein aktuelles Auto allerdings hat nicht viel davon. Und vor allem hatte es bis vor wenigen Tagen noch ein altes Kassettenradio drin, das gehörte zur Werksaustattung. Mich störte das ehrlich gesagt nicht sonderlich. Denn: Ich habe einfach meine alten Mixtapes raus gekramt, die ich einst im Kinderzimmer in mühevoller Arbeit selbst erstellt habe. Darauf sind Hits wie „Lemon Tree“ von Fools Garden, aber auch Sätze wie „Oh, Mann, ey! Mama. Jetzt bist du hier reingerannt, und ich muss das Lied noch mal von vorne aufnehmen“ – grundsätzlich also eine schöne Reminiszenz an meine Kindheit. Zusätzlich habe ich mir auf eBay noch ein paar Kassetten gekauft, um mein Portfolio zu erweitern. Darunter: Hörspiele von „Die drei Fragezeichen“, die ich immer noch mag.

Jetzt aber hatte ein guter Freund, der mich aufgrund meiner Ausstattung im Auto immer mitleidig anblickte, eine Idee: Er schenkt mir sein altes Radio. Denn: Sein altes Radio ist natürlich deutlich jünger als mein altes Radio. Es hat sogar ein CD-Laufwerk und einen USB-Anschluss. Das finde ich sehr nett von ihm. Also habe ich meines ganz schnell ausgebaut – und damit begann ein Abenteuer, das mich fast das Augenlicht gekostet hätte:

Das neue Radio ist nur halb so hoch wie das alte, also 1 DIN statt 2. Das bedeutet: Ich brauche einen Rahmen für das neue, damit es in dem viel zu großen Loch, das das alte Radio in der Mittelkonsole hinterlassen hat, auch Halt findet.

Allerdings hat absolut kein Fachhändler und auch kein Internet einen passenden Rahmen, weshalb ich mir ein Universal-Stück kaufe. Aber das passt natürlich nicht universal super in alle Autos, sondern einfach universal so was von gar nicht. Deshalb schreite ich schnellen Schrittes zu Opa, denn der hat eine Werkstatt, so wie sie Opas eben haben. Die Handkreissäge soll den Einbaurahmen so zurecht stutzen, dass das dämliche Ding da rein passt und das Radio nicht mehr wackelt, sondern hält.

Ich setze an, das Sägeblatt nähert sich dem Rahmen, schneidet hinein – und das Plastik zerplatzt mit einem Knall, der die Nachbarn aus den Häusern holt. „Kerle, bos is da dehi los? Des hört sich ja an wie im Kriech.“ Noch viel schlimmer aber: Ein Stück des abgeplatzten Plastiks schießt mir voll ins Auge. Scheiße. Das tut weh. Und irgendwie bekomme ich den Splitter nicht aus dem Auge, das mittlerweile immer mehr tränt und schmerzt. Vor dem Spiegel spüle ich es mit reichlich Wasser aus und erblicke – mit dem anderen Auge – den knallroten Fleck, der direkt neben der Pupille liegt. Dort ist das Plastikstück also eingeschlagen. Glück gehabt.

Unter großen Schmerzen setze ich dann mein Projekt fort, diesmal allerdings mit Schutzbrille. Doof darf man ja schließlich sein, aber man sollte wenigstens aus seinen Fehlern lernen.

Kurz darauf ist es vollbracht: Der Rahmen passt, das neue Autoradio hält. Ich hab’s geschafft!

Und jetzt? Meine neuen und alten Kassetten sind zum Walkman in die Schublade gewandert, das 2-DIN-Autoradio versteckt sich im Karton – und ich sitze vor dem PC und fülle meinen USB-Stick mit Liedern, Liedern und nochmals Liedern. Darunter „Lemon Tree“ von Fools Garden und die ein oder anderen Folge von den „Drei Fragezeichen“. Was also habe ich dadurch gewonnen? Ich weiß es nicht so recht. Immerhin bekomme ich keine mitleidigen Blicke mehr von meinem Kumpel zugeworfen. Oder ich sehe sie einfach nicht mehr.

Neuester Blogbeitrag