Dass unsere Auszubildende Paula ihre Chefs privat nur selten sieht, liegt in der Natur der Sache. Wer will denn schon seine Freizeit mit denen verbringen, die einem den ganzen Tag erzählen, was zu tun ist und was man besser machen kann. Außerdem ist der Altersunterschied ja riesig. Ich könnte problemlos Paulas Vater sein. Da gehen die Interessen doch weit auseinander. Jetzt aber am Freitagabend werden wir zur gleichen Zeit am gleichen Ort sein – am Würzburger Residenzplatz. Da gibt sich Apache 207 die Ehre. Und da fragt sich die gesamte ständig wachsende Fangemeinde vollkommen zurecht: „Steffen, hast du sie noch alle?“ „Wette verloren?“ „Endlife crisis?“ „Kannst du die arme Pauli nicht mal in Ruhe ihr Idol anschmachten lassen?“ Meine knappe Antwort: „Geburtstagsgeschenk für meine Frau.“
Von Steffen Reith
Tatsächlich hört Diana R. (den vollständigen Namen können wir aus Datenschutzgründen nicht veröffentlichen) in ihrer Freizeit unfassbar gerne Apache 207. Wenn sie das nicht tut, schaut sie sich Apache-207-Videos an oder die Dokumentation über sein spannendes Leben. Zur Info für die älteren Konsumenten des Blogtextes: Apache 207 ist ein deutscher Rapper, der seit Jahren die Charts beherrscht. Neulich hat er sich dazu herabgelassen, mit Udo Lindenberg im Duett zu singen. Und das junge Volk hat sich gefragt: „Wer ist denn der Alte mit dem Hut, der da neben unserem Apache nuschelt?“
Ich verfolge Dianas großes Interesse jedenfalls mit großem Interesse. Sie ist ja schließlich auch recht tolerant, wenn es um Fußball geht. Und als ich kürzlich über ein originelles Geburtstagsgeschenk nachdachte, kam mir der Apache 207 in den Sinn. Ich buchte über Umwege und Sondergebühren Tickets für das Konzert in Würzburg – wohlwissend, dass Paula dort auch sein wird. Viel mehr Apache-Fan als unsere Auszubildende kann übrigens niemand sein. Der Beleg: Neulich haben wir im Turm einen Test gemacht. Nach einem oder zwei Takten hat sie jedes Apache-Lied erkannt. Sie hegt übrigens die leise Hoffnung, dass der Rapper auf der Würzburger Bühne das weiße T-Shirt auszieht und dabei Liegestütze macht. An diesen Paula-Träumereien findet Diana R. übrigens durchaus Gefallen.
Die Vorfreude ist riesig. Bei Diana R., bei Paula, bei all den Fans, die den Würzburger Residenzplatz bevölkern werden. Und bei mir? Ich bin jedenfalls hervorragend vorbereitet. Ich habe seine Musik viel gehört, mich fürs Foto sogar in ein altersgerechtes Apache-Outfit geschmissen. Das ist übrigens was anderes als ein Indianer-Kostüm. Pauli habe ich versprochen, dass sie mich in Würzburg nicht grüßen muss. Könnte ja peinlich sein, den Chef dort zu treffen. Und bei Diana R. freue ich mich einfach, dass sie sich freut. Geteilte Freude ist doppelte Freude. Und das nächste Fußballspiel kommt bestimmt.