Folgendes Stück kann sich in dieser Form wohl nur im Hause Reith abspielen, liebe ständig wachsende Fangemeinde. Hauptperson bin dieses Mal nicht ich. Andere Familienmitglieder spielen da eine deutlich bedeutendere Rolle. Allen voran meine Gattin, die berühmte Diana R. (mehr Name ist aus Datenschutzgründen nicht möglich). Aber auch mein Vater Claus Reith (Retter) und mein Sohn Benedict Marco Reith (Täter) sind wichtige Figuren in diesem Familiendrama in zwei Akten, das den Titel „Der Rettungs-Ring“ trägt. Ich bin mal nur Kommentator und Berichterstatter und trage überhaupt keine Schuld an dem Dilemma. Wie geil ist das denn?
Von Steffen Reith
Akt eins: Es ist Sonntagmorgen, 3:15 Uhr in der Früh. Diana R., Sohn Adrian Paul Reith und ich haben uns entschieden. Es ist jetzt doch mal Zeit, das Bürgerhaus in Löschenrod zu verlassen. Heimlaufen in den herrlichen Nachbarort Kerzell ist theoretisch möglich, doch aufgrund von Müdigkeit, Lustlosigkeit und schwer zu koordinierenden Körperteilen keine bevorzugte Lösung. Deshalb wird Sohn Benedict Marco Reith kontaktiert. Der ist im Besitz eines Führerscheins und macht sich zeitnah auf den Weg. Nach Ankunft in Löschenrod, steht er ne Zeit lang mit seinem Wagen vor der Tür, ehe seine beseelten Familienmitglieder sich ausreichend verabschiedet haben und nach draußen kommen. Im Schlepptau noch ein weiterer Mitfahrer, der zwar über Bühnenerfahrung verfügt, in diesem Stück aber nur eine Nebenrolle spielt. Jedenfalls ist unser Chauffeur not amused. Man hat ihn aus dem Schlaf gerissen, dann muss er warten und schließlich werden es immer mehr, die mitfahren möchten. Er räumt die hintere Bank leer, mault dabei ein wenig rum und schließt dann mit Vehemenz de Kofferaumtür.
Dumm nur, dass zwischen Tür und Auto noch die Hand von Diana R., Benedicts Mutter, steckt. Diese bemerkt auch zeitnah den Schmerz und gibt ein recht lautes „Aua“ von sich. Hauptbetroffener ist der Ringfinger der linken Hand. Das ist in diesem Falle gut, weil auf diesem Gliedmaß ein recht großer Ring steckt. Den hatte ihr Gatte, also ich, vor gar nicht allzu langer Zeit für sie erworben. Er war zwar eher als Schmuckstück gedacht, wird jetzt aber zum Schutzschild. Alle Beteiligten sind sich in den Morgenstunden einig: Der Rettungs-Ring hat Schlimmeres verhindert. Dass der Mitfahrer mit Bühnenerfahrung nach Ankunft bei sich zuhause auf Wunsch von Adrian Paul Reith noch den Verbandskasten aus dem Haus holt und einen Verband anlegt, ist nur ein Randszenario. Aber beim Zuschauen schon irgendwie lustig.
Akt zwei: Logisch ist, dass sich der Finger auch Stunden später nach dem Crash bemerkbar macht. Er schwillt und schwillt und schmerzt natürlich, weil der Rettungsring drückt. Und so beschließen Diana R. und ich, dass wir dem Retter in der Nacht nun den Garaus bereiten müssen. Ich mache mich auf den Weg, um geeignetes Werkzeug zu finden. Doch spätestens, als ich mit einer großen Säge um die Ecke komme, entschließt sich Diana R., dass ich besser die Finger von ihrem Finger lasse. Auch Restalkohol und generell mangelndes technisches Talent könnten eine Rolle bei der Nichtberücksichtigung gespielt haben.
So tritt nun Claus Reith auf den Plan. Der hat super Werkzeug, ist technisch geschickt und für Diana R. eine Vertrauensperson. Und so startet die Operation „Ring frei“. Claus nutzt einen Seitenschneider und öffnet das gute Stück Millimeter um Millimeter. Ich bin Protokollant und eröffne die Operation mit den Worten „Stell dich nicht so an“. Das ist in der Tat nicht sonderlich zielführend, lenkt die Aufmerksamkeit des Opfers allerdings weg vom Finger. Nach gut drei Minuten ist dieser letztlich befreit, der Ring ist jetzt weder Schutzschild noch Schmuckstück.
Immerhin werden wir dem Rettungs-Ring ein ehrendes Andenken bewahren. Denn außer ihm gibt es in diesem Stück nur Gewinner. Diana R. hatte Glück im Unglück, Vater Claus ist der Held der Story, Sohn Benedict Reith hat nicht für immer die Hand seiner Mutter zerstört. Und für mich hat es immerhin zu einem schönen Blogtext-Thema gereicht.