Ich hoffe, du hattest frohe Weihnachtstage, liebe ständig wachsende Fangemeinde! Die hatten Steffen und Nico anscheinend auch. Ja, ich glaube, dass sie die immer noch haben. Im Turm sind sie nach den Festlichkeiten nämlich noch gar nicht aufgetaucht. Sie haben mich allein gelassen. Aber: Sie haben mich auf diese Zeit vorbereitet. Und ich habe mich auch darauf vorbereitet. 

Von Paula Mainusch

„Nach drei Monaten als Volontärin kann man solch einen Laden schon mal alleine führen.“ So hatte Steffen mir den Tag vor Heiligabend Mut zugesprochen. Zugegebenermaßen schossen mir in diesem Moment 100 Gedanken durch den Kopf. Schließlich weiß ich, wieviele Anrufe und Mails wir tagtäglich erhalten – ich bin ja schon drei Monate hier. Dass ich allerdings so schnell in den Genuss komme, eine Agentur zu führen, war überraschend. Das steht nämlich gar nicht im Lehrplan für Volontäre, glaube ich.  

Naja, meine Chefs wären nicht meine Chefs, wenn sie mich nicht vernünftig vorbereitet hätten. Sie haben mir nochmal gezeigt, wie die Kaffeemaschine funktioniert, wie man das Telefon bedient und mir mit den Worten „damit dir nicht langweilig wird“ eine ordentliche Zahl Aufgaben übertragen. 

Weihnachten konnte ich genießen – so viel sei gesagt. Aber ein wenig Schiss vor der Situation „Paula allein im Turm“ hatte ich trotzdem. 

Umso perfekter war es, dass meine Schwiegermutter in spe mich am zweiten Weihnachtsfeiertag überraschte. Ja, nicht nur mich, sondern ganz besonders meinen Freund, den wir aus datenschutzrechtlichen Gründen Jonathan W. nennen. „Ich habe für die ganze Familie einen Yogakurs gebucht“, sagte sie ganz aufgeregt und voller Vorfreude.

„Geil!“, sagte ich.

„Du hast was?“, sagte Jonathan W. entsetzt.

Nach diversen Diskussionen, die ja irgendwie zu Weihnachten dazugehören, war es so weit: Meine Schwiegermutter, mein Schwiegervater, mein Schwager, meine Schwägerin, ich und ja, auch Jonathan W. besuchten den Yogakurs. 

„Jetzt kannst du nochmal ordentlich entspannen, bevor du im Turm alleine die Stellung hältst“, dachte ich und setzte mich in den Schneidersitz. 

Als plötzlich ein zwei Meter großer Mann mit seidenglänzender, weißer Hose den Raum betrat, Yogaklötze verteilte und sich als Günther vorstellte, war mir klar, dass die Sportstunde wohl nicht ganz so entspannt wird. 

Als Tänzerin bin ich ganz schön gelenkig. Aber das, was Günther uns vorführte, war nochmal eine andere Liga. Auch Joni hatte – wie zu erwarten – seine Problemchen. „Muskeln sind eben nicht alles“, sagte Günther, als Joni laut keuchend den herabschauenden Hund machte. 

Und nun sitze ich hier. Ohne Steffen. Ohne Nico. Mit Rückenschmerzen, wie ich sie noch nie hatte. Zu meinem und wahrscheinlich auch deinem Erstaunen muss ich dir sagen, dass ich den Laden auch ohne Yogakurs gut geführt hätte. Es ist nämlich nicht viel los. Dafür habe ich aber eine neue Idee, auf die Günther mich gebracht hat: Wir könnten unseren Tag bei Bensing & Reith jetzt immer mit „Om Shanti, Shanti, Shanti“ beginnen, was so viel heißt wie „Friede, Friede, Friede“. Das lässt einen mal so richtig durchatmen. Die Idee finde ich gut. Die plane ich direkt mal hinter unserer wöchentlichen Haargummi-Tauschbörse ein. Steffen, Nico: Seid ihr einverstanden?

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