Weihnachten hatten wir letzte Woche, Weihnachten machen wir sicher auch nächste Woche noch mal. Es gibt aber auch noch andere wichtige Themen, die besprochen werden müssen, liebe ständig wachsende Fangemeinde. Übrigens habe ich das Gefühl, dass den Joke aus der vergangenen Woche mit der „regelmäßig waxenden Fangemeinde“ gar nicht so viele kapiert haben. Aber egal, das ist eine andere Geschichte. Wichtige Themen stehen an, hatte ich gesagt. Soll ich über das Gerangel um den CDU-Vorsitz oder über die konjunkturelle Lage in der Bundesrepublik schreiben? Hab ich irgendwie keinen Bock drauf. Ich schreibe mal was über Spitznamen. Muss ja auch mal jemand machen.
Von Steffen Reith
So ein Dorfjunge wie ich erlebt ja in seinen jungen Jahren schon einiges. Das meiste ist verjährt und wird deshalb auch nicht mehr erwähnt. Aber irgendwie ist doch einiges hängen geblieben. Zum Beispiel die Spitznamen. Viele sind nicht sehr einfallsreich und vom herkömmlichen Namen abgewandelt. So ist der Christoph der Chrissi, der Eckard der Ecki oder der Michael der Michel beziehungsweise der Michi. Der Seppel hat den Spitznamen von seinem Vater geerbt, der Josef hieß. Mein Kumpel Steffen heißt Neffets, da wurde einfach die Reihenfolge der Buchstaben gedreht. Mich haben sie irgendwann mal zum Lucky gemacht, weil ich Lucky Strike geraucht habe und so dürr wie Lucky Luke war. So nennen mich auch heute noch einige Leute, auch mit Abwandlungen. Manche rufen „Luck“, ein anderer spricht den Namen so aus, dass es wie „Laggi“ klingt. Aber der „Lucky“ ist sehr auf mein Heimatdorf fixiert und stirbt langsam aus. Ich muss mich auch als knapp 50-Jähriger nicht mehr „Lucky“, „Luck“ oder „Laggi“ rufen lassen.
Mit Hochachtung spreche ich in diesem Zusammenhang vom Cheforiginal des Nachbardorfes, der mit einer ganzen Latte noch aktiver Spitznamen aufwarten kann. „Roy“, „Eismann“, „Cognac“, „Müllermeier“ dürften die geläufigsten sein. Der Mann hat mit all seinen Ehrenämtern jede Menge um die Ohren. Da ist es schon wichtig, dass er auch genug Namen hat. Ich mache mir mittlerweile einen Spaß draus und rufe ihn einfach mit seinem Taufnamen: Stefan.
Aber davon gibt es in der Tat recht viele. Wir sind ernsthaft am überlegen, ob wir nicht irgendwann am 2. Weihnachtsfeiertag ne große Namenstag-Party mit allen Stefans, Stephans, Steffens, Stefanies und Steffis machen. Ein Sporthäuschen hätten wir ruckzuck voll. Aber das ist eine andere Geschichte.
Wir bleiben aber noch kurz im Nachbardorf: Da nennen sie eine Frau meines Alters „Schnucki“. Das ist bestimmt lieb gemeint. Ich nenne die Hälfte der Menschheit „Schnucki“. Aber nur wenn ich sie direkt anspreche. Also: Mir wäre der Spitzname „Schnucki“ nicht so recht. Aber das muss es auch nicht. Ich weiß jetzt im Moment auch gar nicht, ob die „Schnucki“ ihren Namen mag. Ich werde sie mal fragen bei Gelegenheit. Wird bestimmt interessant: „Du Schnucki, magst du eigentlich deinen Namen?“ Lustig ist die Story, die sich vor einigen Jahrzehnten zugetragen hat. Da wurde ne Freundin von mir gefragt: „Ruth, wie heißt du eigentlich richtig?“
Womit ich mich mittlerweile sehr stark angefreundet habe, ist das alte Kosewort meiner Mama für mich: Steffelé. Das wurde früher gesagt, das erfährt eine sensationelle Renaissance. Mittlerweile sagen das einige Freunde zu mir. Das finde ich nicht schlecht. „Steffelé“ ersetzt den „Lucky“. Damit kann ich leben.
Die Mitglieder der ständig wachsenden Fangemeinde werden sich wundern, dass bislang mit keiner Silbe mein Geschäftspartner erwähnt wurde. Nun, er sitzt brav in seiner Dachschräge, hört Weihnachtslieder, futtert aus seinem rosafarbenen Adventskalender und arbeitet fleißig. Nun wollt ihr wissen, ob er auch einen Spitznamen hat. Braucht er nicht. Wer neben Nico auch noch den Namen Klaus trägt, braucht keinen Spitznamen mehr. Ich wollte es eigentlich vermeiden, aber nun sind wir halt zum Schluss des Textes doch noch bei Weihnachten gelandet. Weiterhin schöne Adventszeit!