Der „Lockdown light“ ist beschlossene Sache! Das heißt: Der November dürfte für einige Menschen und einige Branchen zu einem Horrormonat werden. Die Frage ist allerdings: Warum haben wir es überhaupt so weit kommen lassen? Ich sage: Da müssen sich viele an die eigene Nase fassen.
Von Nico Bensing
Liebe ständig wachsende Fangemeinde, du kennst uns ja nun auch schon ein paar Tage. Meist sind wir lustig aufgelegt. Wir sind andererseits aber auch nie um klare Worte verlegen.
Und jetzt?
Jetzt wird es schwierig. Denn von ihrer Ernsthaftigkeit hat die Corona-Krise immer noch nichts eingebüßt. Punkt. Die Lage ist – wie schon im Sommer vorausgesagt – sogar noch ernster geworden. Die Zahl der Infektionen steigt rasant, die Zahl der freien Intensivbetten sinkt. Die Entwicklung ist besorgniserregend. Ministerpräsident Volker Bouffier hat am Mittwochabend gesagt: Mehr als ein Drittel aller Tests im Rhein-Main-Gebiet seien derzeit positiv. Schon jetzt müssten Erkrankte von dort nach Mittel- oder Nordhessen verlegt werden, weil kein Platz mehr sei. Das ist doch Scheiße!
Der gerade beschlossene „Lockdown light“ wirft vor allem wieder der Gastronomie und der Kulturbranche dicke Knüppel zwischen die Beine. Doch nicht nur denen: Auch Fitnessstudios zum Beispiel müssen wieder schließen. Dabei tragen sie doch einen großen Teil dazu bei, dass das Immunsystem der Menschen gestärkt wird.
Zu recht stellen viele Experten die Frage, wie viele Unternehmen aus diesen Branchen am Ende wohl übrig bleiben mögen. Ich hoffe, dass die versprochenen Hilfen all denen zugutekommen, die sie wirklich benötigen. Und zwar zeitnah, sodass es nicht schon zu spät ist.
Was das für die künftige Vielfalt in Deutschland bedeutet, darüber mag ich als passionierter Konzertgänger gar nicht nachdenken. Und was es für unser Unternehmen Bensing & Reith bedeutet, das kann ich auch noch nicht abschätzen, ehrlich gesagt.
Viele Infektionsketten lassen sich mittlerweile nicht mehr nachvollziehen. Dennoch bleibt klar: Das höchste Ansteckungsrisiko besteht nach wie vor bei privaten Treffen und Partys. Doch da darf der Staat nahezu nicht eingreifen. Und das ist auch gut so.
Dennoch lautet die eigentliche Frage: Warum konnte es überhaupt so weit kommen?
Ich sage mal ganz provokativ: Wir sind selbst schuld.
Und damit meine ich nicht dich, liebe ständig wachsende Fangemeinde. Schließlich seid ihr unsere Brüder und Schwestern im Geiste.
Wenn ich aber lese, dass Menschen sich weigern, in Filialen eine Maske zu tragen, wenn sie sich im Alltag nicht an die einfachsten Regeln halten, wenn sie sich besaufen und feiern und vor lauter Freude jede Abstandsregel vergessen, wenn sie im Gespräch mit ihrem Gesicht bedrohlich nahe kommen, dann verstehe ich das einfach nicht.
Ich verstehe das einfach nicht.
Es sind einfache Kleinigkeiten, mit denen wir die Ausbreitung dieser Pandemie hätten verlangsamen können. Das haben wir versäumt.
Ich mag es auch nicht, wenn der Staat meine Freiheit einschränkt – doch wir sind weit von einer Diktatur entfernt. Und ich mag es auch nicht, meine Freunde nicht umarmen zu können, meine Lieblingskneipe nicht besuchen zu können, nicht auf Konzerte gehen zu können, nicht Fußball spielen zu können, weniger Aufträge zu haben.
Aber wir sind nun mal nicht allein, wir sind eine Gesellschaft. Das Wort solidarisch ist mittlerweile fast schon ausgelutscht. Aber andererseits finde ich: Anstand und gesellschaftliche Fürsorge kommen niemals aus der Mode.
Also sollten wir uns nicht nur solidarisch zeigen, wenn Restaurants, Kneipen, Hotels, Schwimmbäder, Tattoo- und Fitnessstudios geschlossen werden sollen, sondern auch und gerade dann, wenn sie noch geöffnet sind. Denn so verhindern wir, dass sich dieser Mist immer und immer wieder wiederholt. Niemand hat Lust auf einen dritten und vierten und fünften Lockdown. Niemand will, dass sich das noch etliche Jahre zieht.
Also sage ich: Regeln einhalten, auch wenn es schmerzhaft ist und Einschränkungen bedeutet. Je intensiver wir das tun, desto schneller haben wir unser altes Leben zurück.