Manchmal frage ich mich, ob anderen Leuten auch so viele seltsame Sachen passieren. Oder werde ich in dieser Hinsicht irgendwie begünstigt, damit ich genug Material für Blogtexte bekomme? Sind dies Zufälle? Oder ist dies Schicksal? Es ist wohl beides. Aus den jüngsten Urlaubserlebnissen könnte ich jedenfalls alleine von der Anreise einen ganzen Roman verfassen. Dafür habe ich allerdings keine Zeit. Also versuche ich mich kurz zu fassen. Das ist echt schwer. Gehen wir es an.
Von Steffen Reith
Es ist schon mittlerweile eine kleine Tradition, dass meine Frau Diana R. (Datenschutz!) und ich im ersten Quartal des Jahres einige Tage in Gran Canaria verbringen. Da ist es im Vergleich zu Osthessen schön warm. Und wir nutzen die Zeit, um ein bisschen Kraft zu tanken. An- und Abreise funktionieren in der Regel reibungslos. Sieht mal einmal davon ab, dass vor einigen Jahren unsere Koffer einige Tage nach uns zuhause ankamen. Aber das ist ja eine Marginalie im Vergleich zu dem, was uns in diesem Jahr passierte.
Wir fliegen in der Regel ein- bis zweimal im Jahr. Das ist nicht viel. Ich hatte zwar Mathe-Leistungskurs, bin aber überfordert damit, auszurechen, wie groß die Wahrscheinlichkeit ist, dass ausgerechnet an diesem einen Abflugtermin das Personal am Frankfurter Flughafen streikt. Das kommt ja nun auch nicht täglich vor. Jedenfalls ereilte uns das Schicksal, dass Abflug und Streik auf einen Tag fielen. Bedeutete: Kein Flug nach Las Palmas. Ein Tag länger in Frankfurt, was nun nicht so schlimm war. Bissi Kultur, bissi Freunde treffen, bissi Weinchen in der Kleinmarkthalle – schon war der Tag vorbei.
Mit einem Tag Verspätung fliegen wir also samstags um 7.50 Uhr los. Und nach etwa 45 Minuten bekomme ich einen dermaßen schmerzhaften Druck auf die Ohren, den ich sonst nur vom Landen kenne. Und irgendwie ist auch ein bisschen Unruhe bei den Mitreisenden zu spüren. Und dann kommt die Durchsage des Kapitäns: „Der eine oder andere wird es vielleicht schon gemerkt haben. Wir befinden uns auf dem Rückflug nach Frankfurt. Die Maschine scheint intakt, aber wir haben es mit Druckabfall zu tun. Deshalb diese Vorsichtsmaßnahme.“ Ich habe nach der Durchsage mal kurz an versteckte Kamera gedacht. Wie groß ist die Wahrscheinlichkeit, in einem Flieger zu sitzen, der aufgrund von technischen Schwierigkeiten abbrechen muss? Für Vielflieger und erfahrene Stewardessen, die mit uns in der Maschine sitzen, ist es jedenfalls auch Premiere. Übrigens gar nicht darüber nachdenken sollte man, wie groß die Wahrscheinlichkeit ist, dass nach einem Streiktag ein technischer Defekt folgt.
Richtig gut war ja, dass unter den Passagieren weder Panik noch Zorn aufkam. Vielmehr wurde fleißig geflachst. Eine Oma sagte nach dem einstündigen Flug zu ihren beiden Enkeln: „Dieser Urlaub ging so schnell rum. Und ich werde euch bei euren Eltern loben: Ihr ward total brav.“
Ein guter Spruch kam auch vom Kollegen Bensing, den ich nach der Notlandung vom neuesten Abenteuer telefonisch unterrichtet hatte: „Du bist ja ein richtiger Frankfurt-Ultra.“ Hätte auch von mir sein können. Wir verbrachten jedenfalls weitere sieben Stunden am Flughafen, ehe wir den nächsten Versuch unternahmen. Das dauerte so lange, weil ein neues Flugzeug und eine neue Crew aus Düsseldorf überführt werden mussten. Knapp zehn Stunden später flogen wir wieder los. Eine junge Frau sagte beim Betreten des Jets: „Schon cool, wenn man die Passagiere schon kennt. Das ist irgendwie wie Heimkommen.“
Statt Freitag 11.30 Uhr waren wir am Samstag um 22.30 Uhr am Ziel. Denn wir machten noch nen kleinen Zwischenstopp in Fuerteventura. Das ist aber eine andere Geschichte, die jetzt den Rahmen sprengt.
Die Tour war sehr ereignisreich, aber auch verdammt anstrengend. Und letztlich haben wir auf zwei Tage Urlaub verzichten müssen. Am dritten beziehungsweise ersten Urlaubstag sehen wir an der Strandpromenade einen Mann sitzen, der gerade Nachrichten auf dem Tablet liest. Er sagt zu seinem Schatz: „Gestern musste ne Maschine aus Frankfurt auf dem Weg hierher umdrehen, weil es technische Probleme gab. Das ist ja scheiße.“ Ich antwortete ihm: „Da saßen wir drin.“ Er: „Das ist ja ein Zufall, dass wir uns ausgerechnet jetzt und hier treffen.“ Meine Antwort: „Müsste man mal ausrechnen. Wahrscheinlich ist es aber Schicksal. Oder beides!“