Eine Adventsgeschichte von Nico Bensing

Hier könnt ihr euch die Geschichte vorlesen lassen:


Und hier könnt ihr die Geschichte nachlesen:

„Donnerlitzchen“, schimpfte der Weihnachtsmann, „diese verdammten Schnürsenkel!“ Der alte Kerl mit dem langen, weißen Bart wuchtete sich langsam wieder auf seine beiden Füße, nachdem er soeben mit der Nase voran in den Schnee gestolpert war. Er wollte eigentlich seinen Schlitten beladen und hatte sich gerade haufenweise Säcke mit Geschenken über den Rücken geworfen, als sein Schnürsenkel ihn aus dem Takt brachte und er das Gleichgewicht verlor. Das Ergebnis: Der Weihnachtsmann war weiß, und die Präsente waren überall im Schnee verteilt.

Der Weihnachtsmann klopfte sich den Schnee von seinem kugeligen Bauch und murmelte verärgert vor sich hin. „Mann, Mann, Weihnachtsmann, du bist nicht nur tollpatschig, sondern echt doof.“

So richtig beruhigen konnte er sich aber auch danach nicht. Vor Wut trat er deshalb gegen seinen Schlitten – und klirr, war auch noch der Scheinwerfer zersplittert. „So ein Mist!“, brüllte er auf.

Nach einem kurzen Moment des Sammelns und der Stille rief er schließlich: „Rudooooooolf, ich brauche dich! Wieder.“

Das Rentier blickte genervt aus seinem Stallfenster heraus und stapfte dann mit kritischem Blick einmal um den alten Schlitten herum. „Ist die Birne wieder plötzlich kaputtgegangen, Weihnachtsmann?“, fragte Rudolf und deutete dabei mit seinen beiden Vorderhufen Anführungszeichen an, als er die Worte „plötzlich kaputtgegangen“ aussprach.

„Ja, ja, genauso war es“, entgegnete der Weihnachtsmann. „Plötzlich kaputtgegangen. Nichts mehr wert, diese Birnen von heute. Nichts mehr wert.“

Das Rentier stöhnte: „Ja, warte kurz, ich schnalle mir mein Geschirr um und sag meiner Frau, dass ich schon wieder an Heiligabend arbeiten muss.“

Der Weihnachtsmann nahm die Worte seines neuen Flugkapitäns allerdings schon gar nicht mehr wahr. Denn was er eben erst erblickt hatte, schockierte ihn zutiefst. „Oh, nein! Das darf doch nicht wahr sein. Nein, nein, nein! Wir sind aufgeschmissen, Rudolf. Weihnachten ist gelaufen. Vorbei. Was hab ich nur getan!“

Was der Weihnachtsmann jetzt erst sah: Fast alle Geschenke waren aus ihren Säcken geplumpst. Und auf diesen standen doch die verschiedenen Koordinaten für die Verteilung. Jetzt also konnte er die Päckchen nicht mehr den richtigen Kontinenten, Ländern, Städten und Straßen zuordnen. „Donnerlitzchen“, raunte er leise. „Ich alter Greis hab es endgültig vermasselt.“

Rudolf war mittlerweile wieder zurück, sein Geschirr glänzte golden im weißen Schnee. Das Rentier beobachtete den hektischen Mann in roter Robe. Es überlegte sogar einen ganz kleinen Moment, ob dies die Chance sein könnte, das Fest doch noch mit seiner geliebten Rentierdame Ingeborg verbringen zu können. Letztlich brachte Rudolf es aber nicht übers Herz und unterbreitete dem Weihnachtsmann einen Vorschlag: „Weihnachtsmann, du kennst doch Emmi, die Supernase.“

„Donnerlitzchen“, schrie der Weihnachtsmann plötzlich, „ich habe eine Idee!“ Das Rentier verdrehte genervt die Augen, wartete einen Moment und fragte dann: „Welche denn?“

„Rudolf, du kennst doch Emmi, die Supernase! Die fragen wir einfach, ob sie uns helfen und die Geschenke den passenden Kindern und Erwachsenen zuordnen kann.“

„Genial“, antwortete Rudolf.

Nur wenige Sekunden später schrillte ein Piepser im kleinen Örtchen Wallroth auf. Es war ein so hoher Ton, wie ihn nur Hunde hören können. Emmi schnellte aus dem Schlaf, gähnte und rieb sich erstaunt die Augen. Dann leckte sich erst mal kurz am Hintern, anschließend beschäftigte sie sich wieder mit dem Piepser. Denn der war eigentlich nur für absolute Notfälle vorgesehen, das hatte ihr der namenlose Elf damals gesagt. „Und wenn der ruft, dann folgst du“, hatte der namenlose Elf kichernd ergänzt. Und so kämpfte sich Emmi pflichtbewusst aus ihrem Körbchen und achtete dabei penibel darauf, ihre beiden Mitbewohner Anni und Nico nicht zu wecken. Diese machten ebenfalls ein Mittagsschläfchen, es waren ja schließlich noch einige Stunden bis Heiligabend.

Emmi warf sich in ihren Mantel und schlich zur Hintertür heraus. Es dauerte nicht lange, da erblickte sie am Himmel einen goldenen Schweif: Es war der Weihnachtsmann in seinem Schlitten, und vorneweg das Rentier Rudolf mit leuchtend roter Nase.

Und schwupps, waren die drei auch schon gemeinsam in der Luft. Sie waren wirklich ein super Team. Der Weihnachtsmann lenkte den Schlitten, Rudolf sorgte für die korrekte Ausleuchtung der Szenerie, und Emmi schlich sich in jedes einzelne Haus, um die Bewohner abzuschnüffeln und dem Weihnachtsmann dann die zugehörigen Geschenke zu zeigen. In Windeseile und dank der verschiedenen Zeitzonen schafften sie es also doch noch, alle Präsente den richtigen Kindern und Erwachsenen zuzuordnen.

Nur im Gedankenturm in Kerzell kam sie etwas durcheinander und befahl dem Weihnachtsmann doch tatsächlich, dort die Geschenke für gleich mehrere Personen abzulegen. Widerwillig gehorchte der Mann in rot und legte ein Präsent für Ronja, eines für Paula und eines für Steffen ab. Es roch zwar auch nach Nico, stellte Emmi fest, aber von ihm wusste sie ja, wo er wohnt, nämlich im kleinen Örtchen Wallroth.

Und dieses Haus war dann auch das letzte, das der Weihnachtsmann, Rudolf und Emmi ansteuerten. Als Anni und Nico gerade gähnend aufwachten, auf die Uhr blickten und erschrocken feststellten, dass in wenigen Minuten die Familie zum Essen da ist, da spazierte Emmi zur Hintertür herein, ziemlich müde zwar, aber glücklich, denn in ihrem Kopf hallten die Worte des Weihnachtsmanns wider: „Ihr zwei Nasen habt Weihnachten gerettet.“ Um ihre Hüften hatte Emmi zwei Präsente geschnallt. Und sie freute sich sehr, als sie sah, dass ein drittes Geschenk bereits unter dem Weihnachtsbaum für sie bereitstand.

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